Tanzatelier Schülerin Yacine in New York

„New York – the streets will make you feel brand new, the lights will inspire you!“

Inspirierend und voller Energie – die beiden Ausdrücke beschreiben meinen Aufenthalt und die Weltstadt New York City am besten. Drei Monate in New York City tanzen, 4 Monate dort leben, wenn mir das jemand vor ein paar Jahren erzählt hätte, hätte ich es nicht für möglich gehalten. Ich? In dieser Tanzmetropole? Niemals. Es scheint ein Traum zu sein, welchen ich zwar tatsächlich gelebt, aber immer noch nicht realisiert habe. Zu schnell sind die Wochen verflogen, ohne einmal innehalten und durchatmen zu können.

Der Traum und der Drang intensiver zu tanzen hat mich nie losgelassen, auch während meines Studiums nicht. Jetzt wollte ich ihn wahr werden lassen. Zudem wollte ich ein kleines Abenteuer, weshalb ich mich für einen „Sprung über den Teich“ nach Amerika entschieden habe. Es gibt ähnliche Trainingsprogramme innerhalb Europas, aber ich wollte weiter weg. Nachdem ich diese Entscheidung getroffen hatte, hieß es das Bewerbungsverfahren am Broadway Dance Centre (BDC) einzuleiten und abzuwarten, ob ich genommen werde. Die Aufnahmevoraussetzungen sind nicht allzu hoch: gefordert werden Tanzfotos in seinem stärksten Tanzstil, ein Motivationsschreiben, ein Lebenslauf mit allen tänzerischen Erfahrungen, ein Gesundheitszeugnis sowie einen Beleg dafür, dass der Unterhalt für die kommenden Monate gesichert ist. Innerhalb von ungefähr 2 Wochen habe ich vom BDC Bescheid bekommen, dass ich genommen wurde. Anfangs konnte ich es nicht glauben. Die Freude war groß, aber gleichzeitig wurde ich auch nervös. Es war das erste Mal, dass ich für längere Zeit außerhalb Europas leben würde und dann gleich mitten in New York City. Wird die Stadt mir gefallen? Werden die Tänzer und Lehrer nett sein? Werde ich den Ansprüchen der Schule gewachsen sein? Fragen über Fragen überschlugen sich in meinem Kopf. Die Antworten aber ließen natürlich auf sich warten, denn ich hatte noch einen Monat bis zur meiner Abreise. In dem Monat hieß es noch einiges an organisatorischer Arbeit zu erledigen. Nach Berlin fahren, um mein Visum zu beantragen, ein Zimmer suchen, Flüge buchen etc.

Am 26. Juli 2015 ging die Reise nach New York City los. Der erste Eindruck war überwältigend – viele Menschen, überall Reklame und Beleuchtung, enorme Geräuschkulisse und natürlich die klassischen gelben Taxis. Die Stadt, insbesondere Manhattan, ist tatsächlich so wie sie in den zahlreichen Filmen zu sehen und dargestellt ist.
Eine Woche später begann das Trainingsprogramm am BDC. Die Schule liegt in der Nähe des Times Squares, also direkt in Manhattan, und inmitten des ganzen touristischen Trubels.
Die erste Woche bestand aus einer Einführungswoche, die von dem „educational department“ geführt wurde und in der sich die Teilnehmer aus aller Welt zunächst einmal untereinander kennenlernen konnten. Daneben hatten wir noch eine kleine Audition, in der wir in Level eingestuft wurden, eine Technikstunde sowie eine Stunde Selbstverteidigung, um uns in dieser großen Stadt sicherer zu fühlen.
Nach der Einführungswoche ging dann das Programm richtig los. Jede Woche hieß es 12 Stunden zu absolvieren. Kontrolliert wurde dies anhand einer Stempelkarte, die jeden Montag abgegeben werden musste, um im Gegenzug eine neue zu bekommen. An diese Karte waren aber neben dem Erfüllen der 12 Stunden noch weitere Voraussetzungen geknüpft. Am Anfang des Programms musste sich jeder Teilnehmer entscheiden welchen tänzerischen Schwerpunkt, die sogenannte „concentration“, er wählen möchte. Zur Auswahl standen HipHop, Ballett, Contemporary/Jazz und Theatre. Ich habe mich für Contemporary/Jazz entschieden, was bedeutete, dass ich jede Woche 5 von den 12 Stunden in Contemporary oder in Jazz belegen musste. Zudem waren zwei Stunden Ballett für jeden Pflicht, unabhängig des gewählten Schwerpunktes. Ballett wird dort groß geschrieben, aber nach meinem Empfinden leider eher als „Technikklasse“ gesehen als wirklich zum „tanzen“.

Die ersten Wochen haben dazu gedient erst einmal herauszufinden welche Stunden und Lehrer mir gefallen. Jeder Lehrer hat nämlich seinen ganz eigenen Stil und seine eigene Art zu unterrichten. Grundsätzlich ist aber jede Contemporary und Jazz Stunde so aufgebaut, dass die Hälfte der Stunde aus einem Warm-Up besteht und im zweiten Teil eine Choreographie erlernt wird. Da musste ich mich erst einmal umgewöhnen, dass wir in jeder Stunde -auch bei demselben Lehrer- eine neue Choreographie beigebracht bekommen haben und das nicht gerade immer langsam. Es war daher besonders beeindruckend zu sehen wie viele der fortgeschrittenen und professionellen Tänzer die Choreographie sofort nahezu perfekt umsetzen konnten.
Die meisten Lehrer waren auch keine ausgebildeten Tanzpädagogen, sondern Tänzer, welche schon für die großen Stars wie Madonna, Backstreet Boys, Britneys Spears oder Usher getanzt haben.
Den Lehrern war es besonders wichtig, dass die Choreographie zwar nach den vorgegebenen Schritten getanzt wird, aber gleichzeitig auch auf seine eigene persönliche Art interpretiert wird. Es ging also nicht allein um die technische Ausführung, sondern vielmehr darum dem „Zuschauer“ einen Einblick in die eigene Persönlichkeit zu ermöglichen.

Neben der tänzerischen, körperlichen Ebene wurde anfangs direkt auch unsere geistige Ebene mit einbezogen. Das heißt, dass wir uns mit unserer inneren Einstellung beschäftigen, sprich uns bewusst machen sollten, mit welchen Gedanken wir in den Unterricht gehen und wie sehr diese sich auf den Verlauf der Stunde auswirken können. Ich selber habe intensiv erfahren welche Bedeutung die Kontrolle der Gedanken hat und wie wesentlich diese -wörtlich- jeden Schritt beeinflussen. Es ist zwar nicht leicht daran zu arbeiten, aber definitiv wird es der Weg wert sein, nicht allein für das tänzerische Leben.

Die drei Monate waren nach meinem Empfinden zwar körperlich und geistig anstrengend, jedoch zu kurz um zum Einen das Erlernte und Erarbeitete umzusetzen und zum Anderen ausreichend neue Tanzstile auszuprobieren und zu vertiefen. Da ich diesen begonnen Weg fortsetzen möchte, habe ich beschlossen im März das Programm noch einmal zu machen und für vier Monate zurück nach New York City zu gehen. Ich freue mich auf die Zeit danach, in der ich das Erlernte und die Freude an der Kunst des Tanzens hoffentlich weitergeben kann.